Hallbergmoos – „5 Euro für das Handy. 10 Euro, der Herr links. 15 Euro die Dame da drüben – zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten, Sie sind’s! 45 Euro.“ Die Hände von Alfred Mittermeier schnellen durch die Luft. Nur das atemberaubende Stakkato seiner Preisaufrufe scheint das Tempo noch zu toppen. Im Nullkommanichts sind ein Mobiltelefon, ein Kinderwagen und „ein herrenloser Koffer für die Dame“ beim Hallberger Herbst versteigert.
Mittermeier, Kabarettist wie sein Bruder Michael, hat die Lizenz zum Versteigern – und das lose Mundwerk dafür. Wie sein Vater, von dem er den Job als Auktionator der Fundsachenversteigerung des Flughafens übernommen hat, als der sich 2019 mit 80 Jahren zur Ruhe setzte. „Schnell muss es gehen, immer das Tempo hochhalten“, das hatte ihm der Vater als Rat mitgegeben, sagt Mittermeier. Ob er selbst nun eingerostet ist nach der Corona-Pause? „Nein, das ist wie Radlfahren. Des verlernst’d ned. Nach den ersten Metern rollt’s wie von allein.“ Der 57-Jährige freut sich vor allem über „echtes Publikum“.
„Schee, dass ihr da seid – und wir zurück“, strahlt auch Josef Rankl, Chef des Fundsachen-Büros. Er und sein siebenköpfiges Team haben 204 Gegenstände zur Versteigerung mitgebracht, die erste seit 2019. Zwar waren in den vergangenen Monaten weniger Fluggäste als sonst unterwegs, aber: „Verloren wird immer was“, sagt Rankl. Reihenweise Handys, Laptops, Tablets und Navis beispielsweise. Die zählen nun, zuvor gründlich gereinigt, zu den begehrtesten Objekten, wie auch Kameras, Akkus, Uhren und Schmuck.
Das teuerste Stück, ein goldenes Armband, geht an diesem Nachmittag für 500 Euro weg. Aber das ist eher die Ausnahme, denn das Meiste gibt’s für kleineres Geld. Was Neugierige und Schnäppchenjäger ins offene Zelt nach Hallbergermoos lockt, sind vor allem die Kuriositäten. Motorsägen, Autoreifen, ein Lenkrad, ein Surfboard oder eine mechanische Schreibmaschine. „Die ist vom Gesundheitsamt, weil da jetzt digitalisiert wird“, preist Mittermeier das gute Stück mit einem Augenzwinkern an.
Besonders reizvoll sind die Themen- und Überraschungskoffer. Die sind grundsätzlich im Originalzustand, werden allerdings, so erklärt Rankl, von Dingen befreit, die dem Erwerber keine Freude machen würden, wie Schmutzwäsche. Ein junges Paar aus Starnberg, zum ersten Mal bei einer Versteigerung, ergattert einen Koffer. Der Inhalt: Trachtenjanker, Hut und Lederhose. Bei Hermann Ewaller aus Salzburg ist dagegen Musik drin: Er ersteigert für 120 Euro einen Überraschungskoffer, in dem eine Gitarre liegt. „Keine Beschädigung. Das Instrument ist super in Schuss“, so sein Urteil. „Oh, Oper!“, entfährt es ihm dann beim ersten Blick auf die Notenbücher, die im Koffer liegen. Mit dem Judas-Priest-T-Shirt, einer signierten Schallplatte „von wem auch immer“ und einer Wollmütze kann er schon mehr anfangen. Die nagelneue Hose mit dem 56-Dollar-Preisschild wird wohl die weibliche Verwandtschaft bekommen. „Die Gaudi war es wert“, sagt er.